Angesicht der Globalisierung ist die
Kommunikation zwischen Menschen verschiedener Kulturen in unserer Zeit mehr als
ein Gebot der Ethik, sie ist schlichtweg eine Notwendigkeit geworden. Der
Globalisierungsprozess erreicht heutzutage dank hoch entwickelter Transport-
und Kommunikationsmittel einen Spitzenpunkt, der zuvielen konfliktvollen
Wirtschafts- und Kulturinteressen führt, so dass die Frage nach den Bedingungen
neuer Kommunikations- und Verständigungs-möglichkeiten für die Philosophie so
aufdringlich geworden ist wie noch nie zuvor. Im Zeitalter der
Massenvernichtungswaffen, der ideologischen Radikalisierung (bei vielen
politischen und religiösen Fanatikern) sowie des ultrarapiden Geld- und
Informationsaustauschs rund um den Globus ist das Ausmaß der Gefahr für die
Menschheit nie hoch genug einzuschätzen. Wenn wir dazu die Verbreitung der
Geld- und Machtgier, des Konsumdrangs, der Naturressourcenverschwendung und der
damit verbundenen Umweltzerstörung in Betracht ziehen, dann haben wir ein Bild
vor Auge, das uns - und allen voran die Philosophen - auffordert schnellstens
zu handeln. Dieser Herausforderung versucht die interkulturelle Philosophie
gerecht zu werden. Sie muss erstens feststellen, dass die Verflechtung
verschiedener Kulturen dazu führt, dass es wegen des obligatorischen
gegenseitigen Einflusses keine „reine“ Kultur für sich bestehen kann. Und
zweitens hat jede Kultur grundsätzlich Eigentümlichkeiten, die sie von den
anderen Kulturen trennen, aber auch fremd erscheinen lassen. Das Fremde störtuns,
aber fordert uns auch heraus und veranlasst Dynamik und Bewegung. Konflikte und
Auseinandersetzungen sind somit die Folgen. Eine Philosophie der
Interkulturalität hat daher die doppelte Aufgabe, einerseits nach einem „Wesen“
der Kultur im rapiden Wandelstrom des globalisierten Zeitalters und den
Kommunikationsbedingungen zwischen Kulturen zu fragen. Andererseits ist die
Philosophie selbst interkulturell infrage gestellt und neu zu bestimmen ist.
Diese zwei Dimensionen der interkulturellen Philosophie sind problematischer
als es aussieht. Keine Philosophie beginnt beim Null, sondern geht aus einer
bestimmten Kultur aus, wo sie „fußt“ und kann daher nicht für alle Kulturen
sprechen weder bei der Untersuchung von Verständigungsbedingungen noch um die
Philosophie selbst interkulturell neu zu reflektieren. Der Vergleich als
Methode, verschiedene Kulturen zu „konfrontieren“ und nach gemeinsamen
Strukturen des Menschlichen zu suchen wird von anderen als dem Gegenstand
äußerlich und daher unfruchtbar kritisiert, denn Philosophie ist immer nur der
Vollzug des Philosophierens, was ein Vergleich - der Philosophie nur als
Gegenstand hat - nicht leisten kann. H.
Kimmerle schlägt den Dialog (auch den kontroversen) als Mittel interkultureller
Philosophie, denn hierbei, seiner Auffassung nach, vollzieht sich das
Philosophieren als Akt der Wandlung:
„1.
Die Dialogpartner sind dem Rang nach gleich, ihre Auffassungen dem Inhalt nach
verschieden. 2. Dialoge sind durch Offenheit im Hinblick auf das zu erreichende
Ergebnis gekennzeichnet. 3. Die Mittel und Wege, die zum Verständnis führen,
sind nicht nur diskursiv-sprachlicher Art. 4. Dialogen liegt die Erwartung
zugrunde, dass der Andere mir etwas zu sagen hat, das ich mir auf keine Weise,
etwa durch meine Teilhabe an der allgemeinen menschlichen Vernunft, auch selbst
hätte sagen können.“ (1)
Die Interkulturalität ist daher
Bestandteil der Verständnisperspektive von jeder Kultur. Sie lässt sich nicht
mehr definieren ohne Artikulation mit anderen Kulturformen, was auch zu deren
stetigen Wandel führt.
In diesem kulturellen Austausch
erscheint eine Kulturform, eine Multikulturalität in einer einzelnen
Gesellschaft, die eine „Mischung“ unterschiedlicher Kulturtraditionen
darstellt. Es geht dabei nicht unbedingt um eine vollständige Integration in
einer Gesellschaft, sondern eher um kulturellen „Parallelitäten“, also um
nebeneinander stehendeund miteinander im Frieden lebende Kulturformen.
Transkulturalität ist eine noch
geprägte Kulturform, die sich über Gesellschaftsgrenzen hinweg durchsetzt und
erscheint in verschiedenen Gesellschaften als kulturelle Standards, die neben
der „eigentlichen“ Kultur einer bestimmten Gesellschaft Geltung findet. Die
wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen z. B. prägen eine Unmenge von
Verhaltensmustern, die sich transkulturell verbreitern, wie etwa Handys, Fast
Food Ketten, Kleidungsmoden und -marken, neue Tanz- und Akrobatik-Arten, aber
auch sprachliche (vor allen amerikanische) „Begriffe“ sowie Sport-, Musik- und
Kinostars usw.
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Literatur:
(1) Kimmerle (2002), S. 80f.