Adorno
war einer der führenden Denker der Frankfurter Schuler und damit der sog. "Kritischen
Theorie". Bekanntlich haben W. Adorno und Max Horkheimer das Projekt der
Aufklärung u.a. in ihrem Buch "Dialektik der Aufklärung" scharf
kritisiert und gar für gescheitert geklärt. Adorno arbeitet an seinem späten
Werk Ästhetische Theorie unter Einfluss der Idee, dass die
Rationalisierungsprozessen der Moderne zu einer Form der Herrschaft geführt
haben und somit zur Natur- und Selbstentfremdung des Menschen bis hin zum
Faschismus und Katastrophen des 20. Jahrhunderts.
Es liegt
dann auf der Hand, welche Fragestellt Adorno bezüglich der Kunst, nämlich wie
kann eine neue Ästhetik entworfen werden, die gegen eine solche technische Herrschaft
und daher gegen jegliche Entfremdung des Menschen wirken kann?
Noch
praktischer ausgedrückt, war eine seiner Leitfragen, wie soll eine menschliche
Erziehung aussehen, die verhindert, das etwas wie Ausschwitz nicht wiederholt
werden kann?
Der Prof.
Rüdiger Safranski berichtet einmal, wiesein Lehrer Adorno die Kunst sieht (sinngemäß):
"Adorno bevorzugte eine Kunst, die einigermaßen mit Rücken zum Publikum
betrieben wird, [...] nicht um das Publikum dann zu beleidigen, sondern um das
zu schützen, was im Innersten der Kunst geschieht, [...] d.h. bloß keine
Gefälligkeit, sondern sich der Strenge der Kunst hingeben. Eine seiner
Ausdrücke war immer, es gilt die Logik des künstlerischen Materials zu folgen
und nicht jetzt gefällige Kompromisse zu machen. [...] Bloß kein
Marktschreiertum! Bloß keine Anpassung!" (1)
Dieser
Bericht über das Kunstverständnis bei Adorno hebt v.a. zwei Sachen hervor,
nämlich, Anpassung und das künstlerische Material. Was ist denn damit gemeint,
wenn Adorno den Künstler warnt: "Bloß keine Anpassung!"? Natürlich
will er sagen, dass die Kunst nicht dem "Marktdiktat", nicht den
Publikums Gefälligkeiten unterliegen soll, denn genau das entzieht der Kunst
seine eigentliche Funktion, nämliche das Nicht-Identische hervorzuheben, d.h.
die Eigenständigkeit des Individuellen, des Nicht-Angepassten zu retten und
nicht unter dem Druck der Rationalisierung zu einer gezwungenen hergestellten
"Identität" reduzieren zu lassen. Aber wie kann der Künstler diese
Aufforderung erfüllen? Hierzu erwartet Adorno, dass der Künstler der Logik
seines künstlerischen Materials treu zu bleiben, sich konsequent seiner Kunst
und nur seiner Kunst hinzugeben, unabhängig davon, was die anderen von ihm
verlangen oder erwarten.
Die
Kunst als freie Gestaltung der Wirklichkeit (also der Natur) einerseits und als
Mimesis (Nachahmung, zum Ausdruck-Bringen) wiederum der Natur (als nicht
entfremdend) anderseits, muss sie daher nach Adorno einzig der Strenge seines
Themas, seines Materials und dessen internen Logik bzw. "Rationalität"
unterworfen bleiben, d.h. sich selbst dem lebendigen Stoff anpassen, die
Vieldeutigkeit des sinnlichen Lebendigen, des Nicht-Identischen, das sich stets
einer eindeutigen Sinn-Zuweisung entzieht zur Darstellung kommen zu lassen und
somit dem Menschen helfen, sich von der Natur- und Selbstentfremdung zu
befreien und zu sich und seiner natürlichen Eigenständigkeit zurückzufinden -weg
von unter Zwang und Anpassung hergestellten falschen "Identitäten",
denn es gibt kein richtiges Leben im falschen, wie eineAussage von Adorno lautet.
Der Rätselcharakter der Kunst liegt für Adorno eben darin, das sich an das
Nicht-Identische der Natur anpassen versucht. Von daher weigert sich jedes
Kunstwerk, einer eindeutigen Identifizierung zu unterliegen und bleibt für
Mehrdeutigkeitoffen.Die Kunst kann die lebendige Individualität, das
Nicht-Angepasste vertreten, nur weil sie sich als "in sich gebrochene
Identität" niemals als Herrschaft durchsetzen kann.
Gegen die entfremdenden Rationalisierungsprozesseder
Moderne hält Adorno die künstliche Versöhnung mit der Natur als Mittel. Da er möglichst
jede Herrschaft unterbinden will, postuliert er den Vorrang der Naturschönheit
vor der Kunstschönheit, um dem Künstler auch kein Vertrauen zu verschenken. _______
Literatur
(1): Rüdiger Safranski sprach bei
einer Sendungauf TV 3Sat,
Theodor W. Adorno - Der Bürger als
Revolutionär | Wer denkt, ist nicht wütend
(1. Teil). 2-teilige Dokumentation über
Theodor W. Adorno
(Datum der Sendung ist mir leider unbekannt,
hochgeladen auf Youtube
am 18.02.2011).
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