13.09.2015

Eine Beurteilung der Versuche, die Existenz Gottes zu "beweisen".


Mit Gottesbeweis drückt die Religionsphilosophie den Versuch aus, die Existenz Gottes (hier v.a. eines Schöpfergottes nach abrahamitischem Glauben) rational zu beweisen. Es geht hier um mittelalterliche und frühneuzeitliche Gottesbeweise, die sich methodisch in zwei Arten aufteilen lassen, nämlich apriorische und aposteriorische. Ohne Bezug auf die Erfahrung (a priori) und allein aus der Begriffsanalyse versucht z. B. Anselm von Canterbury in seinem sog. "ontologischen Gottesbeweis", die Existenz Gottes zu verdeutlichen. Im Gegenteil dazu geht Thomas von Aquin von der Erfahrungswelt (a posteriori) aus und bemüht sich anhand seiner berühmten fünf Wege, dass der Schöpfergott existiert.

Später fasst Kant diese Gottesbeweise zusammen, indem er sie in drei Formen aufteilt: ontologische, kosmologische und naturtheologische. Der ontologische Gottesbeweis leitet einzig aus dem Gottesbegriff als dem vollkommensten Wesenseine Existenz ab, denn das Sein ist zwangsläufig Bestandteil der Vollkommenheit und daher die Notwendigkeit der Gottesexistenz.

Die kosmologische Beweisform bezieht sich auf das Faktum, dass es irgendeinen kontingenten (zufälligen, nicht-notwendigen) endlichen Gegenstand (oder das Universum) gibt, um daraus abzuleiten, dass Gott existiert. Anders gesagt, aus der Frage: "Warum gibt es überhaupt Etwas und nicht einfach Nichts?" wird auf die Gottesexistenz gefolgert.
Der Naturtheologische Beweis nach Kant nimmt seinen Ansatz bei den Sinneserfahrungen, beachtet die kausalen Naturgesetzmäßigkeiten und versucht Gott als Anfangsgrund diese Kausalkette zu demonstrieren.

Philosophiegeschichtlich gesehen, war Kant der erste, der die Möglichkeiten einer philosophischen Theologie und damit alle „rein rationale“ Gottesbeweise gründlich kritisiert hat, indem er in seinem Werk „Kritik der reinen Vernunft“, die Grenzen einer Vernunfterkenntnis gezogen hat. Er beschränkt das Wissen auf die empirische Welt ein und hält den Versuch einzig durch Begriffsanalyse zu argumentieren für spekulativ und daher zu keiner sicheren Erkenntnis führend. Hervorzuheben ist sein logischer Einwand gegen die ontologische Beweisform. Kant bezeichnet ein Argument (für einen Gegenstand) als „tautologisch“, wenn dieses Argument in der Definition dieses Gegenstands (explizit oder implizit) enthalten ist. Anders gesagt, wenn ein Beweismittel in einer Voraussetzung „steckt“ und trotzdem weiterbenutzt, um diese Voraussetzung zu bestätigen, dann geht es hier um einen logischen Zirkel (bzw. Zirkelschluss), der letztendlich nichts beweist. Man kann nicht davon ausgehen, dass Gott dem vollkommensten Wesen entspricht (als Definition Gottes) und doch daraus auf die Existenz Gottes schließt, indem man sagt, das Sein gehört notwendigerweise zur Vollkommenheit, wie es z. B. Anselm v. Canterbury macht.

Mit diesen Gottesbeweisen versuchte v.a. die Scholastik „eine Brücke“ zwischen Glauben und Vernunft zu „bauen“ und somit dem Glauben einen rationalen Grund zu finden. Es war Kant, der deutlich zwischen Glauben und Wissen systematisch und argumentativ trennte: “Ich kann also Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zum Behuf des notwendigen praktischen Gebrauchs meiner Vernunft nicht einmal annehmen, wenn ich nicht der spekulativen Vernunft zugleich ihre Anmaßung überschwenglicher Einsichten benehme […] Ich mußte also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu machen. “ (1) 

Wir können nochmals die Gottesbeweise, die sich auf die empirische Welt beziehen (v.a. Versuche des Thomas von Aquin) in drei Formenzusammenfassen:

Der kausale Ansatz:
Das Universum muss zeitlich irgendwann mal angefangen haben. Die Zeit selbst muss bei einem Punkt ausgelöst sein, was einem Erstauslöser benötigt, der selbst keinen Anfang braucht und daher unendlich und zeitübergreifend ist. Und den nennen wir Gott.

Ansatz der ersten Bewegung:
Wir erleben die Natur (uns eingeschlossen) als ständig in Veränderung. Jede Änderung wird durch eine Ursache ausgelöst, so dass die Welt als eine Aktion-Reaktionskette erscheint, d. h. eine Ursache führt zu einer Wirkung, die wiederum als Ursache einer nächsten Wirkung wird und so fort. Da wir kein "regressus ad infinitum" denken können, muss irgendwo und irgendwann die allererste Veränderung stattgefunden haben, die diese Kette veranlasst, aber selbst keine Ursache nötig hat, also unendlich und in sich am vollkommensten ist. Und diesen Erstverursacher nennen wir Gott.

Ansatz der Kontingenz:
Alle Seienden existieren zufälligerweise, kein Seiendes existiert zwingend notwendig, aber das ganze Universum kann doch nicht aus der Kontingenz entstanden sein, also es muss eine unendliche Kraft geben, die allem seine Existenz ermöglicht hat und dieses notwendig Seiende nennen wir Gott.  
Bei allen diesen (sog. kosmologischen) Ansätzen stellt sich die Frage:
Warum sollte ein unendlicher Gott realistischer sein als ein unendliches Universum? Warum ist eine übernatürliche Ursache notwendig, wo z. B. die Physiker heute dabei sind, den Urknall besser zu verstehen?
D.h. die Wissenschaft könnte in Zukunft diese kosmologischen Beweise widerlegen.

Teleologischer Ansatz:
Hier geht man davon aus, dass alles in der Natur entwickelt sich nach einem Plan bzw. Ziel. Der Mensch selbst verbessert sich ständig nach einem perfektionierten Plan. Dieser ist so gut und perfekt, dass man dahinter einen unendlichen Planer annehmen muss und diesen nennen wir Gott.
Einzuwenden dagegen ist unsere wissenschaftliche Erkenntnisse v.a. aus der Evolutionsbiologie, dass die Natur eher dem Zufall und der natürlichen Selektion unterliegt als einem vorgeplanten Schema einer angeblich allwissenden übernatürlichen Kraft. Darüber hinaus unsere Welt ist weit davon und in keiner Hinsicht perfekt zu sein. Biologisch-technisch gesehen ist der Mensch z. B. eher ein „Wrack“ als ein perfektioniertes biologisches Apparat, das optimal und fehlerfrei gebaut wäre.    
 

Literatur

(1): Kant, "Kritik der reinen Vernunft" B, XXIXF., Werke II, S. 33

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen