02.09.2011

Zusammenhang zwischen „Staunen“, „Fragen“ und „Philosophieren“

Zuerst durch eine intensive oder plötzliche Sinneswahrnehmung, etwa durch Beobachtung eines außergewöhnlichen Naturphänomens oder durch Zuhören eines virtuosen Musikers kann man „ergriffen“, „sprachlos“ sein; erstaunt darüber, wie neuartig, schön oder kurios, was man gerade wahrnimmt. Dieses Staunen kann kurz oder lange dauern, bis man zu sich wiederkehrt, also beginnt von der Sinneswahrnehmungsebene zu einer Verstandsebene, wo man die Sprachlosigkeit überwindet und versucht sich zu fragen, was wohl das Erstaunte sein kann. Man fragt sich etwa, was das bedeutet eigentlich „schön“ zu sein oder was es ausmacht, das etwas so bezeichnet wird. So gesehen ist das Fragen der zweite Moment, der nach dem Erwachen aus dem Staunen eintritt. Eine Ursache-Wirkung dazwischen ist nicht unbedingt immer der Fall. Das kann auch wohl beim Staunen bleiben und es kommt schon mal gar nicht zum Fragen, bis man wieder von dem Alltäglichen zurückgeholt wird. Wenn es aber mal vorkommt, das man doch zum Fragen nach dem im ersten Moment Erlebten vorschreitet, also gerade das thematisiert, womöglich problematisiert, was uns überhaupt zum Stauen bringt, dann erlebt man einen zweiten Moment, nämlich einen Moment des Fragens. Und zwangsläufig ist ja durch Fragen nichts geklärt, sondern lediglich mal das Erlebte in Worte gefasst und somit durch den Verstand diesmal fokussiert. Verfolgt man diesen Prozess weiter und versucht doch mögliche Antworten oder Erklärungen für diese Fragen zu finden, dann begebt man sich in eine dritte Ebene des Nachdenkens, wo Fragen zu Antworten werden und die letzten wiederum zu Fragen. Und der begonnene Prozess gewinnt damit gerade an Dynamik und ein Versuch dessen Abschluss durch Beantwortung der anwachsenden Zahl der Fragen scheint immer unwahrscheinlich und somit auch offen und sehr ergiebig. Man erlebt somit einen dritten Moment, nämlich des Philosophierens. Auch dieser dritte Schritt (Philosophieren) ist keine notwendige Konsequenz des zweiten (Fragens). Die Art und weise, wie man aber Antworten sucht, hängt stark davon ab, wie die Fragen zuerst formuliert worden sind und wie gut sie die Thematik möglichst präzis widerspiegeln; kurzum die Fragen selbst sollen ihrer Art nach philosophisch sein. Die angehäuften Fragen können den Frager so entmutigen, dass er sich zurück streckt vor dem Versuch, mögliche vernünftige Erklärungen herbei zu philosophieren. Philosophierend nach Erklärungen zu suchen erfordert Mut, Geschick und viel Geduld.

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