05.04.2015

Zu den Begriffen „Interkulturalität“, „Multikulturalität“ und „Transkulturalität“



Angesicht der Globalisierung ist die Kommunikation zwischen Menschen verschiedener Kulturen in unserer Zeit mehr als ein Gebot der Ethik, sie ist schlichtweg eine Notwendigkeit geworden. Der Globalisierungsprozess erreicht heutzutage dank hoch entwickelter Transport- und Kommunikationsmittel einen Spitzenpunkt, der zuvielen konfliktvollen Wirtschafts- und Kulturinteressen führt, so dass die Frage nach den Bedingungen neuer Kommunikations- und Verständigungs-möglichkeiten für die Philosophie so aufdringlich geworden ist wie noch nie zuvor. Im Zeitalter der Massenvernichtungswaffen, der ideologischen Radikalisierung (bei vielen politischen und religiösen Fanatikern) sowie des ultrarapiden Geld- und Informationsaustauschs rund um den Globus ist das Ausmaß der Gefahr für die Menschheit nie hoch genug einzuschätzen. Wenn wir dazu die Verbreitung der Geld- und Machtgier, des Konsumdrangs, der Naturressourcenverschwendung und der damit verbundenen Umweltzerstörung in Betracht ziehen, dann haben wir ein Bild vor Auge, das uns - und allen voran die Philosophen - auffordert schnellstens zu handeln. Dieser Herausforderung versucht die interkulturelle Philosophie gerecht zu werden. Sie muss erstens feststellen, dass die Verflechtung verschiedener Kulturen dazu führt, dass es wegen des obligatorischen gegenseitigen Einflusses keine „reine“ Kultur für sich bestehen kann. Und zweitens hat jede Kultur grundsätzlich Eigentümlichkeiten, die sie von den anderen Kulturen trennen, aber auch fremd erscheinen lassen. Das Fremde störtuns, aber fordert uns auch heraus und veranlasst Dynamik und Bewegung. Konflikte und Auseinandersetzungen sind somit die Folgen. Eine Philosophie der Interkulturalität hat daher die doppelte Aufgabe, einerseits nach einem „Wesen“ der Kultur im rapiden Wandelstrom des globalisierten Zeitalters und den Kommunikationsbedingungen zwischen Kulturen zu fragen. Andererseits ist die Philosophie selbst interkulturell infrage gestellt und neu zu bestimmen ist. Diese zwei Dimensionen der interkulturellen Philosophie sind problematischer als es aussieht. Keine Philosophie beginnt beim Null, sondern geht aus einer bestimmten Kultur aus, wo sie „fußt“ und kann daher nicht für alle Kulturen sprechen weder bei der Untersuchung von Verständigungsbedingungen noch um die Philosophie selbst interkulturell neu zu reflektieren. Der Vergleich als Methode, verschiedene Kulturen zu „konfrontieren“ und nach gemeinsamen Strukturen des Menschlichen zu suchen wird von anderen als dem Gegenstand äußerlich und daher unfruchtbar kritisiert, denn Philosophie ist immer nur der Vollzug des Philosophierens, was ein Vergleich - der Philosophie nur als Gegenstand hat - nicht leisten kann.  H. Kimmerle schlägt den Dialog (auch den kontroversen) als Mittel interkultureller Philosophie, denn hierbei, seiner Auffassung nach, vollzieht sich das Philosophieren als Akt der Wandlung:

1. Die Dialogpartner sind dem Rang nach gleich, ihre Auffassungen dem Inhalt nach verschieden. 2. Dialoge sind durch Offenheit im Hinblick auf das zu erreichende Ergebnis gekennzeichnet. 3. Die Mittel und Wege, die zum Verständnis führen, sind nicht nur diskursiv-sprachlicher Art. 4. Dialogen liegt die Erwartung zugrunde, dass der Andere mir etwas zu sagen hat, das ich mir auf keine Weise, etwa durch meine Teilhabe an der allgemeinen menschlichen Vernunft, auch selbst hätte sagen können.“ (1)

Die Interkulturalität ist daher Bestandteil der Verständnisperspektive von jeder Kultur. Sie lässt sich nicht mehr definieren ohne Artikulation mit anderen Kulturformen, was auch zu deren stetigen Wandel führt. 

In diesem kulturellen Austausch erscheint eine Kulturform, eine Multikulturalität in einer einzelnen Gesellschaft, die eine „Mischung“ unterschiedlicher Kulturtraditionen darstellt. Es geht dabei nicht unbedingt um eine vollständige Integration in einer Gesellschaft, sondern eher um kulturellen „Parallelitäten“, also um nebeneinander stehendeund miteinander im Frieden lebende Kulturformen.  

Transkulturalität ist eine noch geprägte Kulturform, die sich über Gesellschaftsgrenzen hinweg durchsetzt und erscheint in verschiedenen Gesellschaften als kulturelle Standards, die neben der „eigentlichen“ Kultur einer bestimmten Gesellschaft Geltung findet. Die wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen z. B. prägen eine Unmenge von Verhaltensmustern, die sich transkulturell verbreitern, wie etwa Handys, Fast Food Ketten, Kleidungsmoden und -marken, neue Tanz- und Akrobatik-Arten, aber auch sprachliche (vor allen amerikanische) „Begriffe“ sowie Sport-, Musik- und Kinostars usw.    

_______
Literatur:
(1) Kimmerle (2002), S. 80f.    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen