01.05.2015

Adornos Darstellung des Verhältnisses von Kunst und Natur




Adorno war einer der führenden Denker der Frankfurter Schuler und damit der sog. "Kritischen Theorie". Bekanntlich haben W. Adorno und Max Horkheimer das Projekt der Aufklärung u.a. in ihrem Buch "Dialektik der Aufklärung" scharf kritisiert und gar für gescheitert geklärt. Adorno arbeitet an seinem späten Werk Ästhetische Theorie unter Einfluss der Idee, dass die Rationalisierungsprozessen der Moderne zu einer Form der Herrschaft geführt haben und somit zur Natur- und Selbstentfremdung des Menschen bis hin zum Faschismus und Katastrophen des 20. Jahrhunderts.
Es liegt dann auf der Hand, welche Fragestellt Adorno bezüglich der Kunst, nämlich wie kann eine neue Ästhetik entworfen werden, die gegen eine solche technische Herrschaft und daher gegen jegliche Entfremdung des Menschen wirken kann?
Noch praktischer ausgedrückt, war eine seiner Leitfragen, wie soll eine menschliche Erziehung aussehen, die verhindert, das etwas wie Ausschwitz nicht wiederholt werden kann?
Der Prof. Rüdiger Safranski berichtet einmal, wiesein Lehrer Adorno die Kunst sieht (sinngemäß): "Adorno bevorzugte eine Kunst, die einigermaßen mit Rücken zum Publikum betrieben wird, [...] nicht um das Publikum dann zu beleidigen, sondern um das zu schützen, was im Innersten der Kunst geschieht, [...] d.h. bloß keine Gefälligkeit, sondern sich der Strenge der Kunst hingeben. Eine seiner Ausdrücke war immer, es gilt die Logik des künstlerischen Materials zu folgen und nicht jetzt gefällige Kompromisse zu machen. [...] Bloß kein Marktschreiertum! Bloß keine Anpassung!" (1)
Dieser Bericht über das Kunstverständnis bei Adorno hebt v.a. zwei Sachen hervor, nämlich, Anpassung und das künstlerische Material. Was ist denn damit gemeint, wenn Adorno den Künstler warnt: "Bloß keine Anpassung!"? Natürlich will er sagen, dass die Kunst nicht dem "Marktdiktat", nicht den Publikums Gefälligkeiten unterliegen soll, denn genau das entzieht der Kunst seine eigentliche Funktion, nämliche das Nicht-Identische hervorzuheben, d.h. die Eigenständigkeit des Individuellen, des Nicht-Angepassten zu retten und nicht unter dem Druck der Rationalisierung zu einer gezwungenen hergestellten "Identität" reduzieren zu lassen. Aber wie kann der Künstler diese Aufforderung erfüllen? Hierzu erwartet Adorno, dass der Künstler der Logik seines künstlerischen Materials treu zu bleiben, sich konsequent seiner Kunst und nur seiner Kunst hinzugeben, unabhängig davon, was die anderen von ihm verlangen oder erwarten.
Die Kunst als freie Gestaltung der Wirklichkeit (also der Natur) einerseits und als Mimesis (Nachahmung, zum Ausdruck-Bringen) wiederum der Natur (als nicht entfremdend) anderseits, muss sie daher nach Adorno einzig der Strenge seines Themas, seines Materials und dessen internen Logik bzw. "Rationalität" unterworfen bleiben, d.h. sich selbst dem lebendigen Stoff anpassen, die Vieldeutigkeit des sinnlichen Lebendigen, des Nicht-Identischen, das sich stets einer eindeutigen Sinn-Zuweisung entzieht zur Darstellung kommen zu lassen und somit dem Menschen helfen, sich von der Natur- und Selbstentfremdung zu befreien und zu sich und seiner natürlichen Eigenständigkeit zurückzufinden -weg von unter Zwang und Anpassung hergestellten falschen "Identitäten", denn es gibt kein richtiges Leben im falschen, wie eineAussage von Adorno lautet. Der Rätselcharakter der Kunst liegt für Adorno eben darin, das sich an das Nicht-Identische der Natur anpassen versucht. Von daher weigert sich jedes Kunstwerk, einer eindeutigen Identifizierung zu unterliegen und bleibt für Mehrdeutigkeitoffen.Die Kunst kann die lebendige Individualität, das Nicht-Angepasste vertreten, nur weil sie sich als "in sich gebrochene Identität" niemals als Herrschaft durchsetzen kann.
Gegen die entfremdenden Rationalisierungsprozesseder Moderne hält Adorno die künstliche Versöhnung mit der Natur als Mittel. Da er möglichst jede Herrschaft unterbinden will, postuliert er den Vorrang der Naturschönheit vor der Kunstschönheit, um dem Künstler auch kein Vertrauen zu verschenken. 
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Literatur 


(1): Rüdiger Safranski sprach bei einer Sendungauf TV 3Sat,
Theodor W. Adorno - Der Bürger als Revolutionär | Wer denkt, ist nicht wütend
(1. Teil). 2-teilige Dokumentation über Theodor W. Adorno
(Datum der Sendung ist mir leider unbekannt, hochgeladen auf Youtube am 18.02.2011).

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